Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs im Rahmen einer einstweiligen Verfügung

Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Az. 1 Ga 14/20, vom 10.03.2020

Der Verfügungskläger war gemäß eines befristeten Arbeitsvertrages vom 08.08.2018 bis zum 31.07.2020 als Executive Vice President bei einer Bank mit dem Arbeitsort Frankfurt am Main eingestellt. Mit Schreiben vom 14.01.2020 erklärte die Bank, das Arbeitsverhältnis mit dem Verfügungskläger nicht über den 31.07.2020 fortzusetzen und ihn unter Anrechnung von Urlaub- und Freizeitausgleich unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. Der Verfügungskläger widersprach dieser Freistellung.

Mit Antrag vom 11.02.2020 leitete der Verfügungskläger ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Beschäftigung ein. Nach Einleitung des Verfahrens kündigte die Bank noch einmal das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.07.2020.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat festgestellt, dass der Verfügungskläger einen Anspruch auf die begehrte Beschäftigung bis zum Ende der Befristungsabrede hat. Auf eine mögliche vertragliche Freistellungsvereinbarung hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main festgestellt, dass diese nicht wirksam erfolgt ist, da die Freistellung bereits vor Ausspruch der Kündigung ausgesprochen wurde. Die Bank hat die von ihr behaupteten fehlenden Einsatzmöglichkeiten nicht substantiiert dargelegt und trotz des Bestreitens keinerlei Anhaltspunkte, etwa für den Wegfall des Arbeitsplatzes des Verfügungsklägers und die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz, vorgetragen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat ebenfalls ausgeführt, dass eine Freistellung aus Gründen der allgemeinen Üblichkeit bei Mitarbeitern auf dieser Hierarchieebene, der der Verfügungskläger angehörte, nicht den Sachgrund ersetzt, dessen es bedarf, um einen Arbeitnehmer einseitig und gegen dessen Willen von der Arbeit freizustellen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main konnte auch nicht feststellen, dass die Freistellung billigem Ermessen im Sinne des § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB entspricht. Es stellte fest, dass das Interesse des Verfügungsklägers an der Beschäftigung für die restliche Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, die immerhin noch fünf Monate ausmacht, deutlich überwiegt.

Auch den Verfügungsgrund hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main angenommen. Hier führte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main bezüglich des Beschäftigungsanspruchs aus:

„ (…) so sind an die Voraussetzungen des Verfügungsgrundes umso geringere Anforderungen zu stellen, je stärker der Verfügungsanspruch ist. Ist der Beschäftigungsanspruch zweifelsfrei gegeben und kommt auch im Hauptsacheverfahren keine andere Entscheidung über den Anspruch in Betracht, so ist mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes regelmäßig auch der für den Erlass der Beschäftigungsverfügung erforderliche Verfügungsgrund gegeben. (LAG Hessen 3.7.2012 – 15 Sa Ga 243/12, juris).“

Zweifel an dem Beschäftigungsanspruch bis zum 31.07.2020 konnte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main nicht feststellen. Deshalb bliebt für die Verneinung des Verfügungsgrundes kein Raum mehr.

Bei langen Freistellungsphasen sollte stets die einstweilige Verfügung auf Beschäftigung geprüft werden, da Arbeitnehmer durch die lange Freistellung erhebliche Rechtsnachteile erleiden können. Durch die Untätigkeit kann ein Know-how-Verlust entstehen. Die lange Freistellungsphase kann dazu führen, den Arbeitnehmer im beruflichen Fortkommen zu hemmen. Außerdem kann, je nach Hierarchieebene der Beschäftigung, die lange Freistellung auch ein Reputationsschaden darstellen, wenn Marktteilnehmer erkennen können, dass der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber nicht mehr operativ tätig ist.